Börsengehandelte Indexfonds
Nach drei Jahren gibt es wieder einen Neuling im Dax: Der Wohnungsriese Vonovia verdrängt Lanxess aus der ersten Liga. Für ETF-Anleger kann diese Bewegung ungemütlich werden – es drohen deutliche Renditeabschläge.
FrankfurtAm 21. September ist es soweit: Nach 27 Jahren zieht zum ersten Mal ein Immobilienkonzern in den Dax ein. Der Wohnungsvermieter Vonovia verdrängt den Chemiekonzern Lanxess, der in den MDax rutscht. Vonovia, früher als Deutsche Annington bekannt, ist der erste Dax-Neuling seit drei Jahren.
Viele Anleger, die jetzt denken, das würde sie nicht betreffen, liegen falsch. Denn sie haben demnächst Vonovia im Depot – zumindest wenn sie einen börsengehandelten Indexfonds (ETF) auf den Dax besitzen. Die Umstellung von Indizes ist für ETF-Anleger nicht immer unproblematisch. Denn die ETF-Häuser warten mit dem Kauf einer Aktie oft bis zu dem Tag, an dem die Aktie tatsächlich in den Index aufgenommen wird. Sie möchten die Wertentwicklung des Index möglichst exakt imitieren. Im Fachjargon sagt man, dass ETF ihren „Tracking-Error“ minimieren wollen.
Das Problem an diesem Vorgehen ist allerdings: Viele Manager aktiv verwalteter Fonds orientieren sich zu einem gewissen Grad ebenfalls an Indizes. Sie kaufen also Aktien nach, die neu im Marktbarometer aufgenommen werden. Sie tun es aber schneller als ETF. „Indexfonds müssen dann mitunter zu einem höheren Preis einsteigen“, sagt Detlef Glow, Leiter der Fondsanalyse beim Datenanbieter Lipper.
Die Aktie der American Airline Group etwa kam am 20. März in den US-Standardwerteindex SP 500, der Indexanbieter kündigte die Änderung vier Tage vorher an. In diesen vier Tagen stieg der Aktienkurs um elf Prozent. Einige Hedgefonds nutzten die Behäbigkeit der ETFs gezielt aus und spekulierten mit Indexaufsteigern, berichtet die Agentur Bloomberg.
Christophe Bernard, Anlageexperte des Londoner Hedgefonds-Anbieters Winton Capital Management, hat sich im vergangenen Jahr angeschaut, welchen Effekt es auf den Kurs einer Aktie hat, wenn sie in den SP 500 aufgenommen werden soll. Sein Ergebnis: Der Aktienkurs steigt vor dem Tag der Index-Aufnahme deutlich an. Danach sinkt er wieder, allerdings nicht ganz auf den alten Stand.
Bernard schätzt, dass Investoren, die ETF auf den SP 500 kaufen, durch diesen Effekt 0,2 Prozentpunkte Rendite einbüßen. Das klingt wenig, verglichen mit den Gesamtkosten ist der Preis aber hoch. Ein ETF der Blackrock-Tochter iShares auf den SP 500 kostet zum Beispiel nur 0,07 Prozent jährlich.
Kein Handlungsbedarf
Anleger können sich gegen den Aufpreis kaum wehren. „Es handelt sich um eine Ineffizienz des Marktes, die sich nicht ausschalten lässt“, sagt Glow. „Das Spiel funktioniert vor allem bei großen Indizes, auf deren Basis Milliardenbeträge hin und her geschoben werden.“
Privatanleger könnten sich von ETF auf große Marktindizes fernhalten und stattdessen ETF auf unbekannte Indizes kaufen, die nicht so stark im Fokus aktiver Fondsmanager stehen. Das würde allerdings das Investment in diese passiven Anlageinstrumente ad absurdum führen, bei dem es darum geht, möglichst breit zu investieren. Darüber hinaus fallen für ETF auf kleine Indizes meist höhere Gebühren an als für Produkte auf große Marktbarometer.
Einige amerikanische ETF-Häuser wollen Abhilfe schaffen. „Es gibt mittlerweile Anbieter, die nicht mehr zu Lasten der Anbieter einen Aufpreis zahlen wollen, um den Tracking-Error zu minimieren“, sagt Barbara Claus, Analystin bei Morningstar.
Der US-Riese Vanguard zum Beispiel, der stärker als viele andere Anbieter auf niedrige Preise setzt, kauft neue Aktien nicht mehr nur an dem Tag, an dem sie in einen Index aufgenommen werden. Stattdessen baut er seine Position in diesen Papieren sukzessive auf.
Deutsche ETF-Häuser sehen bislang keinen Handlungsbedarf. „Als ETF-Anbieter bilden wir den Index ab und halten uns an die entsprechenden Regeln“, sagt Michael Mohr, verantwortlich für die Entwicklung passiver Produkte bei Deutsche Asset Wealth Management. „Indexanpassungen werden in der Regel vorab öffentlich bekannt gegeben. Wir verarbeiten diese Informationen mit dem Ziel, den Index bestmöglich nachzubilden.“
Investoren spekulieren, welche Aktien demnächst in große Indizes aufgenommen werden. Anleger rechneten noch im Frühjahr damit, dass der US-Indexanbieter MSCI chinesische A-Aktien in seine Schwellenländer-Barometer aufnimmt. Anfang des Jahres schienen die Chancen nicht schlecht. Nach den letzten Börsenturbulenzen folgte die Absage.
Quelle: Handelsblatt Online